Keine große Leuchte

FIAT LUX – ES WERDE LICHT

Noch haben wir die dunkle Jahreszeit, auch wenn ab Februar die Helligkeit rapide zunimmt, aber das derzeit trübe Wetter hat zur Folge, dass wir häufig noch den ganzen Tag das elektrische Licht in unseren Wohnung brennen lassen.

Um Räume zu erleuchten, bedarf es für den modernen Menschen nur eines kleinen Schalters, der auch leicht zu bedienen ist und schon erstrahlen Räume in unterschiedlicher Helligkeit. Das war nicht immer so.

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Zu Beginn der Menschheitsgeschichte mussten unsere Vorfahren auf wilde Feuer warten, die vielleicht durch Blitze entstanden, um ihre Höhlen oder Felsvorsprünge etwas zu erhellen. Später begann der Mensch das Feuer zu zähmen und selbständig herzustellen, sei es durch Reibung und Zunderpilze. So wie jede technische Entwicklung voran schritt, so auch die Herstellung von Feuer und somit von Licht.

Öllampen lassen sich in den frühen sesshaften Kulturen finden und die Erfindung der Kerze – zwar noch nicht aus Wachs – ließ nicht lange auf sich warten. Dann stagnierte die Beleuchtungstechnik viele tausend Jahre bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, als in England die Gaslampe ihren Weg ins Licht fand. Danach war es nur noch ein Katzensprung bis zur Erfindung der Glühbirne, die wir nun seit einigen Jahren nicht mehr benutzen dürfen.

Von staatlicher Seite wurde uns die mit Quecksilber arbeitende Energiesparlampe verordnet, die nun ihrerseits von der LED-Lampe abgelöst wird.

In unserer Wohnung gibt es einen Raum, den ich aufgrund seiner LED-Beleuchtung als Räuberhöhle bezeichne. Dort gibt es, um es freundlich auszudrücken, nur sehr dezentes Licht. Dieses Zimmer gehört dem Gatten. Nun wurden in der letzten Zeit die Lichtverhältnisse dort immer dunkler, so dass ich schon um mein Augenlicht fürchtete, wenn ich den Raum betrat. Da ich diesen Zustand nun endgültig als unhaltbar ansah, bat ich den Gatten, doch endlich für eine ausreichende Lichtquelle zu sorgen. Der Ehemann bemühte sich.

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Mit seiner Neuerwerbung in der Wohnung angekommen, wollte er die Lampe zusammenbasteln und in seinem Zimmer befestigen. Er begann den Karton auszupacken und stellte fest, dass sich die so genannten Glühbirnen nicht aus der Halterung schrauben lassen. Er war etwas verwirrt. Er las aufmerksam die Betriebsanleitung und unter dem Punkt 14 wurde er fündig:

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„Das Leuchtmittel ist nicht austauschbar.“

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Wer hätte das gedacht? Man kauft eine Lampe, deren Leuchtmittel, also die früher genannten „Glüh-Birnen“, nicht gewechselt werden können.

Erst bei genauen Hinsehen lässt sich diese Erkenntnis auch dem Verpackungskarton entnehmen:

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Im Klartext heißt das, dass man die ganze Lampe in den Müll wirft, wenn eine oder mehrere Leuchtmittel ihren Geist aufgeben.

Großes Aufatmen, denn auf dem Karton steht klar und deutlich, dass die Lampe 20.000 h lifetime habe!

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20.000 Stunden werden angepriesen, das sind 833,3 Tage oder anders gesprochen: 2,283… Jahre. Nun sind diese Leuchtmittel natürlich nicht im Dauereinsatz, so dass die Lampe vielleicht sechs Jahre funktionsbereit ist. Aber wie so oft steckt der Teufel im Detail.

Auf der beiliegenden Betriebsanleitung heißt es unter Punkt 16:

Farbabweichungen bei LED’s verschiedener Chargen sind möglich. Die Lichtfarbe und die Leuchtstärke von LED’s kann sich auch in Abhängigkeit von der Lebensdauer ändern.

Dies heißt nichts anderes, als dass die Leuchtkraft, die Helligkeit der LED im Laufe der Zeit abnehmen wird. Dies war nämlich mit den LEDs geschehen, die seit ca. drei Jahren das Zimmer erhellen sollten.

Und dann tauchte da noch die Frage auf, was man mit so einer Lampe macht, wenn von vier Leuchtmitteln ein Leuchtmittel ausfällt. In diesem Fall sollte man seine Frühmenschen-Gene aktivieren und sich freuen, dass überhaupt noch Licht vorhanden ist.

Nach einigem Überlegen entschied sich mein Mann, die Lampe zurückzubringen, mit der Begründung, dass ihm das Risiko, diese Lampe nur wenige Jahre nutzen zu können, zu hoch sei. Die Verkäuferin gab ihm nicht nur das Geld zurück, sondern auch Recht, auch sie würde so eine Lampe nicht kaufen.

Der Gatte entschied sich deshalb, um meinem Wunsch nach mehr Licht in seinem Zimmer Rechnung zu tragen, die LEDs in den schon vorhandenen Lampen, die dort seit mindestens 20 Jahren an den Wänden befestigt sind, wieder gegen Halogen-Leuchtmittel auszutauschen und siehe da:

et facta est lux (und es wurde Licht)!

Ich habe ja schon mehrmals über geplante Obsoleszenz (Veralterung) geschrieben. Diese Art von Produkt, wie hier beschrieben, halte ich für eine ganz besonders perfide Art der geplanten Obsoleszenz. Hier wird dem Kunden Müll mit einem grünen Etikett verkauft, denn im Gegensatz zu einem Halogen-Leuchtmittel mit 35 Watt, verbraucht die LED ja nur 5 Watt und vermittelt somit ein gutes ökologisches Gewissen.

Doch leider stellt sich die Frage, wie viel Energie für die Herstellung der Wegwerf-Lampe und den Verpackungskarton aufgewendet werden muss?  Ich bin der festen Überzeugung, dass die 5-Watt-LED nie in ihrem Leben die Produktionsenergie für die Wegwerf-Lampe ein-leuchtet.

Zukünftige Archäologen könnten, wenn sie solche Lampen ausgraben, auf die Idee kommen, dass es sich bei diesem gradlinigen und Helligkeit spendenden Gegenstand um ein magisches Werkzeug handelt, das im Ritus oder Ritual eingesetzt wird und den Kampf des Lichtes gegen die Finsternis versinnbildlicht.

Mir jedenfalls ist ein Licht aufgegangen: die oben beschriebene Lampe ist keine große Leuchte.

PS.: Die Lampe kostet 77 Euro

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