Do ut des – Ich gebe, damit du gibst.
Ein häufig zu beobachtendes Phänomen der Großstadt ist das exponierte Abstellen von Dingen. Für diese rituelle Handlung werden graue, freistehende Kästen am Straßenrand genutzt, die eine Höhe von ca. 1,50 m, eine ebensolche Breite und eine Tiefe von vielleicht 0,50 m aufweisen. Diese grauen Kästen haben ein oder zwei Türen, die immer verschlossen sind. Es ist anzunehmen, dass diese Türen als eine entwickelte Art der Ikonostasen zu verstehen sind, welche die profane von der spirtuellen Welt trennt, weshalb sie auch häufig mit amorphen Bildern verziert oder großflächig beklebt sind. Es konnten aber auch Altäre entdeckt werden, die sowohl reich mit Bildern als auch mit Papier geschmückt sind.
|
|
Bei den Opfergaben auf diesen Altären handelt es sich in der Regel um Gefäße aus Pappe mit verschiedenen Dekoren, Ornamenten und Aufschriften. Einige dieser Pappbecher sind zusätzlich durch einen Plastikdeckel mit einer Trinköffnung geschützt. Ob diese Becher mit Deckel bevorzugt von Kindern oder alten Menschen nach der Darbringung des Trankopfers auf den Altären abgestellt werden, konnte nicht geklärt werden. Die schnabelartige Öffnung des Deckels scheint jedenfalls eine Schutz- oder Sicherungsfunktion im Ritual zu haben, um das unabsichtliche Verschütten des Trankopfers zu vermeiden.
Beobachtet werden auch Altäre, die nicht nach allen Seiten frei stehen, sondern nur durch einen schmalen Spalt von anderen Bauwerken getrennt sind. In diesem Fall ist immer wieder festzustellen, dass sich die Opfergaben nicht auf dem Altar, sondern versteckt in der Nische zwischen Altar und Bauwerk befinden.
Außer den Trankopfergefäßen finden sich auch Gefäße aus Porzellan und Plastik unterschiedlicher Machart auf den Altären, so dass unterstellt werden kann, dass die Altäre nicht ausschließlich dem Trankopfer vorbehalten sind, sondern auch für den Zweck des Speiseopfers genutzt werden.
Überhaupt scheinen die Altäre eine ganz besondere Anziehungskraft zu besitzen, die weit über das Trank- und Speiseopfer hinausgeht: Sehr persönliche Gegenstände werden dort zur Opferung oder Gabe an die Götter abgelegt.
Auch eine Vergesellschaftung der Altäre mit Plastikeimer kann immer wieder beobachtet werden, wobei sich diese Opfergaben nie auf dem Altar sondern immer neben ihm befinden.
Welcher Gottheit oder welchen Gottheiten die Altäre gewidmet sind, konnte bisher noch nicht in Erfahrung gebracht werden. Mit der Entdeckung eines kultischen Steinreliefs scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann dieses Rätsel gelöst werden kann, zumal das Relief von einer Unzahl Glimmstängelreste umgeben war, die den Schluss nahe legen, dass auch Rauchopfer praktiziert werden.