Tablet – Tablett – Tabletten

Gestern ging in Berlin die Bazaar-Messe zu Ende. Eine Messe, auf der man all die schönen Dinge kaufen kann, die man eigentlich nicht braucht und die in die Kategorie „Stehrumsel“ fallen, wie es meine Freundin Andrea einmal ausdrückte.

Außer diesen Stehrumseln bietet die Messe auch ein Bildungsprogramm an, an dem ich zum dritten Mal teilgenommen habe und vier Workshops zum Thema „Wider die Verschwendung“ anbot.

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Einer dieser Workshops hieß „Guten Appetit – Ein Essen bei McD & Co“ an. Da die meisten Schüler der Klassenstufen 5 bis 9 dachten, dass sie in den Genuss eines Essens in einem Fast-Food-Restaurant kommen, war dies der am häufigsten gewählte Workshop.

Anfangs war die Enttäuschung natürlich groß, dass wir uns mit den Überresten eines Fast-Food-Essens beschäftigen, aber an dem Punkt, an dem die Schüler im Müll lesen sollten, wie viele Menschen denn an den Überresten aus Plastik und Papier beteiligt waren, war das Interesse doch erstaunlich groß.

Bereits zu Beginn fragte ich, worum es sich bei dem nachfolgenden Blatt Papier handelt:

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Außer, dass es sich um ein buntes Blatt Papier handelt, kommt eigentlich nicht sehr viel. Erst nach mehrmaligem Anfragen, wo dieses Blatt Papier seine Anwendung findet, kommt dann irgendwann, dass es dazu dient, das Brett nicht zu verschmutzen, auf dem man sein Menu zum Tisch trägt.

Dieses Brett wird dann erneut ins Spiel gebracht, wenn man den „Tisch wieder abdeckt“, um seine Hinterlassenschaften in so einen Wagen zu stellen.

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Exkurs: Tisch abräumen

Wie nach jedem Essen, wird auch bei Fast-Food-Ketten der Tisch abgeräumt. Kaum zu glauben, aber alle Schüler berichteten, dass sie nach dem Essen ihr Geschirr in den Wagen stellen, der bereit gehalten wird, um das benutzte Geschirr dort abzustellen. Eigentlich ist dies ein Prozess wie zu Hause: die benutzten Geschirrreste werden vom Tisch / von der Tafel in die Küche gebracht, um dort entweder – in der Regel von der Mutter – von Hand abgewaschen zu werden oder um – ebenfalls in der Regel von der Frau des Hauses – in die Spülmaschine geräumt zu werden.

Dieser Vorgang, dass benutzte Geschirr abzuräumen und zur weiteren Bearbeitung durch eine andere Person an einem anderen Platz abzustellen, gibt dem Esser in Fast-Food-Restaurants das Gefühl, sich korrekt zu verhalten. Weitere Gedanken, wohin denn nun mit all dem Müll, denn um nichts anderes handelt es sich bei dem Wegwerf- bzw. Einmal-Geschirr, kommen gar nicht erst auf. Der Gast eines Fast-Food-Restaurants verlässt dieses mit einem guten Gewissen.

Auch wenn dies sicher nicht der Grund für die Tablett-Wagen sein wird, der ist sicher in der Schweinerei zu suchen, den Gäste hinterlassen, wenn sie ihre Essensreste selbst entsorgen, so bleibt ein bitterer Nachgeschmack, dass den Gästen suggeriert wird, ihr Geschirr werde ordentlich nach dem Essen gesäubert.

Zurück zum Workshop

Spätestens an der Stelle, wenn der Tisch abgedeckt wird,  frage ich, ob das Brett auch einen Namen hat. Während der Messe und auch schon während innerschulischer Workshops habe ich die Erfahrung gemacht, dass kaum ein Schüler in der Lage ist, dieses Brett mit seinem Namen zu benennen: das Tablett.

Seit nun einigen Jahren ist ein ähnlich lautender Gegenstand fester Bestandteil unseres Lebens geworden, das Tablet, welches eigentlich als „Täblät“ (tɛblət) ausgesprochen werden müsste, was aber kaum einer macht, das Ding wird, auch wenn es einen Buchstaben weniger hat als das Tablett und englischen Ursprungs ist, doch mit deutscher Zunge ausgesprochen.

Bei einem Tablet handelt es sich eigentlich um einen Tablet-PC, also um einen Computer, der im amerikanischen Englisch einen Notizblock und im angelsächsischen Englisch eine Schreibtafel bezeichnet.

Hingegen handelt es sich bei einem Tablett um einen Gegenstand, auf dem in der Regel Speisen von A nach B transportiert werden. Das Tablett hat meistens einen erhöhten Rand und kann mit zwei Tragehilfen ausgestattet sein.

Ich beginne also mit den Ausgrabungsarbeiten und will die Herkunft des Wortes „Tablett“ wissen, weshalb ich zunächst das Etymologische Wörterbuch von Kluge bemühe:

Tablett n. ‚Servierbrett‘. Im 18. Jh. entlehnt aus gleichbedeutend frz. tablette f., zu frz. table f. ‚Brett‘, ‚Diele‘, aus 1. tabula f. (dass., auch: Tafel‘). …

Der Duden verrät mir zur Herkunft des Wortes Tablett:

französisch tableau, zu: table = Tisch; Tafel, Brett < lateinisch tabula, Tafel>

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OK, ich gebe mich geschlagen: das Tablett und auch das Tablet sind im eigentlichen Sinne des Wortes nichts anderes als ein Brett oder eine Tafel. Was bleibt, ist die Wehmut um ein verlorengegangenes Wort, welches mir dezidiert anzeigt, um was für einen Gegenstand es sich handelt, im Gegensatz zu den Wörtern „Tafel“ und „Brett“, die ihrerseits mehrdeutig sind.

Die Recherchen zu „Tablett“ und „Tablet“ habe ich natürlich im Netz gemacht und bekam so auf meinem Tablet alle Informationen wie auf einem silbernen Tablett serviert.

Der eine oder andere wird sich jetzt sicher fragen, was dieser Artikel mit Müll-Archäologie zu tun hat: ganz einfach. Wie unschwer zu erkennen, erweitert der müll-archäologische Blick auf die Überreste eines Fast-Food-Essens nicht nur den Horizont über unser Verhalten in vielerlei Hinsicht doch immens, sondern auch unseren Wortschatz.

Übrigens, der Plural von Tablet oder Tablett ist nicht Tabletten!

PS.: Nicht nur das Wort Tablett scheint aus dem Sprachgebrauch der jungen Generation zu verschwinden. Ähnlich ergeht es dem Wort „mogeln“, denn kaum ein Schüler kann etwas mit dem Wort „Mogelpackung“ anfangen, die wird in Zukunft „Schummelpackung“ heißen müssen, um Assoziationen hervorrufen zu können.

 

 

 

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