Schon der letzte Beitrag beschäftigte sich mit dem Thema „zu verschenken“.
Nun gibt es heute noch eine kleine Geschichte zu diesem Thema. Alle die daran Interesse haben, können es sich ja schon einmal bequem machen:
Heute morgen verlasse ich das Haus in Richtung U-Bahn. Vor mir geht ein Mann in die gleiche Richtung, der auf einmal im Gehen innehält, um den Inhalt eines Pappkartons, der an einer Hauswand steht, zu begutachten. Sicherlich war der Mann aufgrund der uns Menschen angeborenen Entdeckerfreude ganz neugierig geworden, vermutete er doch einen Schatz in dem Karton. Leider hielt seine Freude nicht lange an, da er sich, kaum hatte er den Inhalt des Kartons begutachtet, von ihm abwendete.
In dem Karton lagen ein Paar selbst gestrickte pinkfarbene Socken und zwei leere Plastikflaschen – ZU VERSCHENKEN.
Auch mir hat sich der ZU-VERSCHENKEN-SINN nicht so recht offenbart, wollte da jemand darauf aufmerksam machen, dass er sein Flaschenpfand verschenkt? Dazu wäre aber kein Karton mit der Aufschrift „Zu verschenken“ notwendig, da leere Flaschen überall und ohne Hinweis abgestellt werden können. Also muss der tiefere Sinn dieses Geschenkes in der Vergesellschaftung von Flaschen und Socken liegen.
Im Internet erfahre ich, dass es in Ostfriesland einen „Schachtel-, Socken- und Flaschenkranz-Brauch gibt. „
Männliche und weibliche Ostfriesen, die bis zu ihrem 25. Lebensjahr immer noch ledig sind, erhalten zu Ehren von Nachbarn, Verwandten und Bekannten lange Girlanden aus leeren Zigarettenschachteln oder aus Socken und Flaschen. Frauen werden zum 25. Geburtstag als „Alte Schachtel“ deklariert und die Männer als „alte Socke und alte Flasche“.
Ich komme also zu dem Schluss, dass sich eindeutig ein Ostfriese in Berlin-Mitte aufgehalten haben muss, stimmen doch alle Zutaten, die für den gerade beschriebenen Brauch relevant sind: Schachtel, Socken und Flaschen. Und dass die Schachtel mit der Aufschrift „zu verschenken“ versehen worden ist, spricht auch für diesen ostfriesischen Geburtstagsbrauch. Wer der zu Beschenkende war, bleibt leider ein Geheimnis.
Im Gegensatz zu manchen Junggesellen-Abschieden besticht dieser Brauch durch erfreuliche Dezenz.
Ostfriese kann sein, doch vielleicht war es ein Jemand, der deinen letzten Blog zum Thema gelesen hatte….sein Ehrgeiz war geweckt: Das kann ich auch. Und besser. Viel schlichter. Ein Minimalist halt.