Mehrweg, Einweg, Holzweg

Unter diesem schönen Titel strahlte der Deutschlandfunk am 22.6.11 einen Beitrag aus, in dem es unter anderem hieß, dass schon seit Längerem die Mehrwegflasche zu Gunsten der Einwegflasche an Boden verliert.

Der Radiobeitrag erweckte allerdings den Eindruck, dass es die Verbraucher sind, die mehrheitlich zur Einwegflasche als zur Mehrwegflasche greifen, abgesehen von den Bierflaschen.

Wahlrecht?

Wer die Regale der Supermärkte mal näher unter die Lupe nimmt, kann ganz leicht feststellen, dass dem Verbraucher kaum die Wahl zwischen Mehrweg- oder Einweg-Pfandflasche gegeben wird: es werden nämlich hauptsächlich Einweg-Pfandflaschen angeboten, sieht man von den Bierflaschen ab.  Interessant scheint mir die Frage, warum Bier nur selten in PET-Flaschen angeboten wird. Sind es etwa die Reinheitsgebot-vernarrten deutschen Biertrinker, die der PET-Einweg- oder PET-Mehrweg-Bierflasche einen Platzverweis erteilen?

Wahlmanipulaton?

Meine Chance, mich als umweltbewußter Verbraucher unter Beweis zu stellen, ging mit dem Kauf eines Premium Biosaftes gründlich in die Hose. Die Glasflasche war mit einem Bügelverschluss versehen, von dem die Deutsche Umweltstiftung schreibt, dass er „heute Kult und Markenzeichen extravaganter Biersorten ist“. Die große Überraschung erlebte ich, als ich die Flasche zurückgeben wollte, denn mit diesem Ansinnen war ich auf dem Holzweg gelandet.

Es stellte sich heraus, dass ich eine Einweg-ohne-Pfand-Flasche gekauft hatte. So landeten gleich vier verschiedene Materialgruppen – Glas, Metall, Porzellan und Gummi – in der Glastonne. Auf der Internetseite der Fa. Kunzmann heißt es, dass es sich um eine Einwegflasche handelt. Meine Frage an die Fa. Kunzmann, warum hochwertige Biosäfte in Einwegflaschen ausgeliefert werden, blieb bis heute unbeantwortet. Als Verbraucher bin ich vermutlich auf den ältesten Verkaufstrick der Welt hereingefallen: Suggestion.

Wahlforschung

Um mich halbwegs mit den Geflogenheiten der Mehrwegflasche bekannt zu machen, habe ich mich zu praktischen Studien in einen Supermarkt zurückgezogen.

Bei der Fa. Gerolsteiner, die ihr Wasser in PET-Flaschen abfüllt, finde ich das Mehrweg-Logo. Jetzt bin ich vollständig verunsichert. Bin ich schon wieder auf dem Holzweg, wenn ich denke, dass PET-Flaschen Einweg-Pfandflaschen sind?

Ich frage mich also, was Mehrweg überhaupt bedeutet. Bezeichnet „Mehrweg“ eine Flasche, die als solche mehrmals auf den Weg als Flasche geschickt wird oder drückt „Mehrweg“ nur aus, dass die Flasche zur Fleecejacke oder „bottle to pen“ wird und nicht in der Müllverbrennung landet?

Auf der Internetseite des BMU werde ich auch nicht gerade schlauer, dort heißt es zwar, dass Glasflaschen bis zu 40 -mal wieder befüllt werden, aber ob dies auch auf die PET-Flaschen zutrifft, darüber schweigt sich die Seite aus.

Dafür erklärt man mir, dass ich an dem „Mehrweg-Zeichen“ und den „Blauen-Engel“ eine Mehrwegflasche erkennen kann und dann im Kleingedruckten „oder am Hinweis „Mehrweg“, „Mehrwegflasche“, oder „Mehrwegflasche-Pfandflasche“.

Damit befindet sich nun aber das BMU auf dem Holzweg, denn es gibt noch viel mehr nichtsagende Bezeichnungen, die alle den Verbraucher irritieren und keine Auskunft darüber geben, was mit der Flasche geschieht, wenn sie ihren Zweck erfüllt hat.

Auf den Flaschenetiketten können sich auch die folgenden Hinweise finden:

„Pfandflasche“, „Mehrwegflasche – Pfand zurück“, „Gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot. Pfandflasche. Zutaten: …“.

Bei einer Wasserflasche wollte ich nach fünfminütigem intensiven Betrachtens des Flaschenetiketts schon das Handtuch werfen, bis ich dann zufällig im Glas die Prägung „Leihflasche“ fand. Was bitte schön ist eine „Leihflasche“? Eine Einweg-Pfandflasche, eine Mehrweg-Pfandflasche oder eine Wegwerfflasche, die der Hersteller nach Rückgabe in die Glastonne wirft?

Wie ist denn nun eine Flasche gekennzeichnet, auf die kein Pfand erhoben wird und die nach Gebrauch wegzuwerfen ist?

Für Flaschen, die der Verbraucher selbständig entsorgen darf oder soll, findet sich häufig überhaupt kein Hinweis oder es heißt auf den Etiketten „Pfandfrei“, „ohne Pfand“ oder der kaum noch geläufige „Grüne Punkt“ ist abgebildet. Aber Achtung:  auf den Freiberger Bierflaschen habe ich keinen Hinweis darauf gefunden, dass es sich um eine Mehrwegflasche handelt. Ist diese Flasche per se eine Mehrwegflasche, weil sie eine „Kastenflasche“ ist?

Die Qual der Wahl

Begibt man sich auf eine deutsche Pfandreise, dann führen zwangsläufig alle Wege in viele Geschäfte, um Pfandflaschen wieder loszuwerden, denn nicht jede Flasche kann in jedem Geschäft zurückgegeben werden. Oder muss ich, wenn ich schon ökologisch korrekt einkaufen will, demnächst auf Fruchtsäfte verzichten, weil sie keiner Pfandpflicht unterliegen wie auch die Milch. Soll ich stattdessen auf die ungesünderen Erfrischungsgetränke zurückgreifen, da das Pfand mir einen nachhaltigen Ressourcenumgang suggeriert?

Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll, die Pfandreise endet vorläufig für mich eindeutig auf dem Holzweg, sowie die Tetrapaks in der Glastonne.

 

Inhalt einer Glastonne

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