Vor einiger Zeit hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Kampagne „Becherheld“ ins Leben gerufen, deren Ziel es ist, die Flut von Coffee-to-go-Bechern einzudämmen und mehrfach nutzbare Becher bewirbt.
Um nun einen Damm gegen die Becherflut zu bauen, hat die DUH erst einmal eine Umfrage gestartet, in der unter anderem die Erkenntnis gewonnen werden konnte, dass 87 Prozent der telefonisch befragten Bürger der Ansicht waren, dass das Trinken aus Einwegbechern schlecht für die Umwelt sei. (Diese Angabe habe ich dem Tagesspiegel vom 15.3.2016 entnommen, auf der Seite DUH habe ich nichts dazu gefunden)
Wieso ist das Trinken aus Einwegbechern schlecht für die Umwelt? Das verstehe ich nicht so richtig. Wieso schade ich der Umwelt, wenn ich irgendwelche Flüssigkeiten aus Pappbechern trinke?
Das Trinken aus Einwegbechern wird erst an dem Punkt problematisch, wenn der Pappbecher unsachgemäß entsorgt wird, sprich auf der Straße, im Gebüsch … und nicht im Mülleimer landet und nicht wenn man aus so einem Gefäß trinkt.
Nun hat die DUH auch herausgefunden, dass keine EU-Hygienevorschriften gebrochen werden, wenn ich meinen eigenen, mehrfach zu nutzenden Kaffeebecher in einem Geschäft befüllen lasse. Da scheint irgendein EU-Kommissar etwas übersehen zu haben, denn ein Rollmops darf nicht in ein von mir mitgebrachtem Gefäß verpackt werden.
Aber zurück zu den Pappbechern und den 87 Prozent der Befragten, – leider weiß ich nicht, wie viele Bürger befragt wurden – die der Ansicht sind, dass das Trinken aus Pappbechern schädlich für die Umwelt sei.
Das letzte Wochenende verbrachten der Gatte und der Sohn mit einer Umzugsfahrt im eigenen Auto durch die Republik. Als sie wieder in Berlin ankamen, befanden sich in dem Auto 6 (sechs) leere Pappbecher. Großes Erstaunen, weiß ich doch, dass beide, wären sie Teilnehmer der Befragung gewesen, auch geantwortet hätten, dass sie das Trinken aus Pappbechern für umweltschädlich halten. Was mich aber noch mehr erstaunte, war die Tatsache, dass sich in unserem Auto mehrfach zu benutzende Porzellanbecher mit Abdeckung befinden, die von den beiden nicht genutzt worden waren.
Gesiegt hatten sowohl die Vergesslich- als auch die Bequemlichkeit.
Der DUH wünsche ich viel Erfolg auf dem Weg, die Becherflut einzudämmen, obwohl ich davon ausgehe, dass bei den meisten Befürwortern der Geist willig, aber das Fleisch schwach sein wird. Wer wird schon immer daran denken, einen mehrfach zu benutzenden Becher in seiner Tasche spazieren zu führen? Bei Frauen könnte ich mir das noch vorstellen, aber wohin packen die handtaschenlosen Männer den Becher – in die Jackettasche? Da ist der nur ein Mal zu benutzende Pappbecher doch viel bequemer, zumal er auch keinen Abwasch verursacht.
Und dann wäre da noch das Verkaufspersonal zu schulen. Wie ich schon vor Jahren in meinem Beitrag Wahres Leben zeigen konnte, denkt das Verkaufspersonal mitunter nicht so wie der Kunde. Dies konnte ich gestern wieder einmal im Supermarkt erleben, als ich mein Obst unverpackt, also ohne kleine dünne Plastiktüte, auf das Band legte. Die Kassiererin wollte alles sofort in diese Plastiktüten packen, worauf hin ich sehr ungehalten wurde, denn, hätte ich eine Plastiktüte gewollt, hätte ich das Obst schon selbst in eine solche Tüte verpackt zur Kasse getragen.
Da die DUH noch nicht so recht weiß, wie die Becherflut einzudämmen sei, wurde ein Ideen-Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich jeder beteiligen kann. Sollte ein Pfandsystem für Pappbecher eingeführt werden, so kann sich jeder von uns selbst ausmalen, was dann passiert: zu den Pfandflaschensammlern werden sich die Pappbecherpfandsammler gesellen oder beide Gegenstände werden in Personalunion gesammelt.
Ob ein Pfandsystem für Pappbecher wirklich helfen würde, halte ich auch für fraglich, erzählte mir doch vor kurzem ein Lehrer, dass er die von den Schülern weggeworfenen Pfandflaschen sammelt, abgibt und das Pfand kassiert! Wie hoch muss ein Pfand sein, dass es wirklich einen Nutzen bringt? 15 oder 25 Cent scheinen mir angesichts dieser Lehrererfahrung nicht genug zu sein.
Mir bleibt als Müll-Archäologin nur zu konstatieren, dass es in der Vergangenheit keine Kultur oder Gesellschaft gab, die es sich erlauben konnte, Geschirr nur ein Mal zu benutzen, um es dann wegzuwerfen.
In diesem Sinne: Hoch die Tassen!
Liebe Kreativbranche: wie wäre es mit Omas altem Trick, Kaffee einfach gemütlich aus Keramiktassen im Sitzen in dem Etablissement zu trinken, in dem er verabreicht wird? Kein Stress mit Bechertragen, kein Stress mit Abwasch, kein Stress mit Kreativem Pappbecherentsorgungsortsuchen, kein Stress mit Stolpern und Kleckern, kein Stress mit Mantelfleckenwaschen und kein Stress mit Neuenkaffeekaufenmüssen…
… und herzliche Grüße von Irene. Denke immer wieder gern an die kontemplativen Spaziergänge.