Nachdem mir letzte Woche in einem Zeitungsartikel die Verbindung von Kaffeesatz und Müll nicht gefallen hat, ergab es sich, dass ich am darauf folgenden Tag mit einem Journalisten einen müll-archäologischen Spaziergang in Berlin unternahm. Dabei entgleiste ich sprachlich, indem ich das Wort BIOMÜLL in den Mund nahm.
Erst als mich der Journalist darauf aufmerksam machte, begann ich mir über das Wort BIOMÜLL Gedanken zu machen, das sicher nicht nur ich gedankenlos verwende.
Wie passt Bio und Müll zusammen?
Kann Bio überhaupt Müll sein?
Das Wort BIOMÜLL hat schon seinen Platz in unserem heutigen Sprachgebrauch. Im Duden findet man die Definition, dass es sich bei „Biomüll um organische [Haushalts-]Abfälle“ handelt.
Nun müsste ich eigentlich mal untersuchen, worin sprachlich der Unterschied zwischen Müll und Abfall besteht. Ganz subjektiv betrachtet, klingt das Wort Müll stärker nach ’nicht mehr verwertbar‘ als Abfall, auch wenn der Duden schreibt, dass es sich bei Abfall um „unbrauchbare Überreste“ handelt.
Solche unbrauchbaren Überreste habe ich vor vielen Jahren einmal auf einer Ausgrabung freilegen können. Dabei handelte es sich um eine Grube im Durchmesser von ca. 1 m und einer Tiefe von ca. 1 m. Gefüllt war diese Grube mit den Schalen von Anodonta anatina (gemeine Teichmuschel). Auf dieser Ausgrabung konnten auch allerhand Tierknochen freigelegt werden, die zu Werkzeugen umgearbeitet wurden. Im archäologischen Landesmuseum Brandenburg können einige dieser Artefakte bewundert werden. Warum die Menschen vor ca. 4000 Jahren die Schalen der Teichmuschel als unbrauchbare Überreste angesehen haben, kann ich nicht beantworten. Auffällig war, dass in dieser Grube ausschließlich die Schalen der Teichmuschel gefunden wurden. Dies beweist, dass die Biotonne keine Erfindung der Gegenwart ist, sondern der Mensch des ausgehenden Neolithikums den Vorläufer dieser Tonne in Form einer Biogrube erfand.
In Anlehnung an den Duden handelt es sich also bei Biomüll um unbrauchbare [Haushalts-]Überreste.
Dem möchte ich gerne widersprechen, denn eigentlich sind diese Haushaltsabfälle brauchbar, weshalb die BSR auf ihre Tonnen auch nicht BIOMÜLL, sondern BIOGUT schreibt, auch wenn nicht jeder versteht was damit gemeint ist, wie das Bild beweist.
Nun habe ich vorgestern eine ganz besondere Biotonne gesehen, die sich der Öffentlichkeit als „BIOBOX“ vorstellt.
Bisher kannte ich vor allem das blaue Pendant, gemeinhin auch Dixi-Klo genannt, das, wie nun auch die orange Schwester, zumeist auf Baustellen zum Einsatz kommt.
Da ich vermute, dass sich hinter der BIOBOX keine Komposttoilette versteckt, halte ich die Benennung erst einmal für eine gelungene Marketingstrategie, auch wenn unsere ureigensten Ab-Fälle eigentlich auch noch zu verwerten wären.
Ehrlich gesagt, bin ich etwas verwirrt, das alle möglichen Wörter die Vorsilbe „BIO“ verpasst bekommen: Nicht nur die Tonnen, die Boxen, der Müll, auch Baumwolle, Läden, das Wetter, der Diesel, der Effekt, das Feedback, das Hotel, die Kosmetik bis hin zum Zahnarzt.
Ich werde in Zukunft versuchen das Wort „Küchenabfall“ wieder zu benutzen, welcher bei mir im Bokashi-Eimer landet und nicht in der Biotonne, geschweige denn in der Biobox.
Liebe Eva,
jetzt mal wertfrei betrachtet, ist Abfall doch nur etwas, was abfällt. Wie beim Hobeln die Späne…
Ein schöner Grundkurs „Definition“ für uns, wenn wir mal wieder auf dem Rabulisten-Trip sind ;))