Steinzeit – Bronzezeit – Eisenzeit -… Müllzeit?

An den Wochenenden 22./23.10.2011 und 18./19.02.2012 biete ich an der VHS Steglitz-Zehlendorf für alle an der Müll-Archäologie Interessierten eine Entdeckungsreise durch unsere Stadt an. Alle Entdeckungsreisenden finden hier noch ein paar weiterführende Informationen.

Artefakte

Artefakte

 

Warum Müll-Archäologie?

Während meiner langjährigen Tätigkeit als Grabungsleiterin auf archäologischen Ausgrabungen konnte ich immer wieder die Begeisterung der Menschen an der Archäologie wahrnehmen, so dass ich mir Gedanken darüber gemacht habe, wie man Archäologie und die Freude am Entdecken Menschen nahebringen kann, ohne den Boden zu öffnen, was ohnehin in einer Stadt wie Berlin nicht möglich ist.
Die Möglichkeit archäologisch zu arbeiten ist aber gegeben, wenn man sich mit den weggeworfenen Dingen unserer Zeit selbst beschäftigt.

Die Müll-Archäologie zeigt, dass man Ähnliches (Untersuchung von Kulturen) auch mit modernem Abfall tun kann. Sie liefert ein genaues Bild von bestimmten Menschengruppen, indem sie erforscht, was sie wegwerfen. Man kann vielleicht der Meinung sein, dass es in unserer Zeit nicht nötig ist, Müll zu untersuchen, um etwas über uns zu erfahren. Aber die Studien des Garbage Project haben gezeigt, dass diese Einstellung nicht haltbar ist – einige unserer Vorstellungen von menschlichen Verhaltensweisen haben sich ganz einfach als falsch erwiesen. Zum Beispiel verschwenden Menschen in Mangelzeiten mehr Nahrungsmittel. Die Untersuchung des Mülls ist ein junger, aber wichtiger Zweig der modernen Archäologie. Wir schaudern vielleicht, wenn wir uns vorstellen, in Bergen von schleimigem, stinkenden Abfall zu wühlen, aber es ist sicher die Archäologie unserer Zeit. (Aus Norah Moloney, Young Oxford Archäologie, Beltz Verlag 2001, S. 129)

Die archäologische Arbeit besteht in der Regel, vor allem in der Siedlungsarchäologie, darin, dass man den „Müll“ lange vergangener Zeiten ausgräbt, untersucht und anhand dieser Ergebnisse Rückschlüsse auf die jeweilige Kultur und Lebensweise zieht.

 

Die Entdeckungsreise

Müll-Archäologie beschäftigt sich nicht mit den Dingen, die seit vielen Jahrhunderten unentdeckt in der Erde liegen, sondern mit den Dingen die ganz offensichtlich auf der Erdoberfläche liegen, nicht wahrgenommen werden und trotzdem oder vielleicht gerade deshalb viel über unsere eigene Kultur erzählen.
Ein Müll-Archäologie-Kurs kann sich mit vielen verschiedenen lokalen Fragestellungen beschäftigen. Unter dem Motto „Zeige mir deinen Müll und ich sage dir, wer du bist“, können müll-archäologische Untersuchungen eines Parks, eines Spielplatzes, eines U-Bahnhofes oder anderer öffentlicher Plätze durchgeführt werden. Eine sich anschließende Untersuchung und Auswertung der weggeworfenen Dinge wird sich damit beschäftigen:

Was wurde weggeworfen?
Wieso, weshalb, warum wurde etwas weggeworfen?
Wann wurde etwas weggeworfen?
Wo wurde etwas weggeworfen?
Wer hat etwas weggeworfen?

Die Auseinandersetzung mit den Müll-Artefakten und die damit verbundene Beantwortung der Fragen wird in der Regel Muster erkennen lassen. Die Müllartefakte können zum Beispiel die Frage beantworten, welchen Erholungswert ein Park für welche Bevölkerungsgruppe darstellt oder ob ein Spielplatz auch das Vorhandensein von Kindern widerspiegelt. Eine Kartierung der Müll-Artefakte gibt Aufschluss über die Nutzung und die Nutzer eines Ortes.
Auch kann sich die Müll-Archäologie mit ganz speziellen Themen befassen, so zum Beispiel mit dem Thema „Was isst Neukölln“. Essensreste und Verpackungsmaterialien im öffentlichen Bereich und im Hausmüll lassen Rückschlüsse auf die Ernährungsgewohnheiten derer schließen, die sie weggeworfen haben. Anhand einer Typologie von Kronkorken lassen sich zum Beispiel Rückschlüsse auf die konsumierten Getränke ziehen.

 

Müll-archäologische Projekte

  • wollen die Freude am Entdecken mit den zeitrelevanten Themen Abfall, Umwelt, verantwortlicher Umgang mit Ressourcen miteinander verbinden.
  • sind ergebnisoffen und geben den Teilnehmern die Chance, sich aktiv mit ihrem Lebensumfeld auseinanderzusetzen.
  • sind an keine Alterstufe gebunden.
  • benötigen außer Müllbeuteln, Gummihandschuhen vor allem Papier, Stifte, viel Fantasie und kriminalistischen Spürsinn.

 

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