Die Geschichte von der kleinen Wassertrinkerin

Mein Mann ist krank und musste, ob er wollte oder nicht, zum Arzt. Im Wartezimmer sass auch eine Frau mit ihrer Tochter (geschätzt 8 bis 10 Jahre).

Und da das Wartezimmer nicht umsonst Warte-Zimmer heißt, musste nicht nur mein Mann, sondern auch die Frau mit ihrem Kind so um die 2,5 Stunden warten.

Um die Wartezeiten zu verkürzen und damit die Patienten nicht vor Durst sterben, gibt es in vielen Wartezimmern Wasserspender, die seitlich mit einer Halterung für Trinkbecher aus Plastik ausgerüstet sind. In der Regel steht neben diesen überdimensionierten Wasserflaschen auch noch ein Mülleimer, so dass die Entsorgung des Plastikbechers ganz einfach zu handhaben ist.

Leider hat mir mein Mann die gleich folgende Geschichte nur erzählt und verschwendete aufgrund seines Leidens natürlich keinen Gedanken an Müllfotos, so dass dieser Artikel sehr bildlos ist – also stelle sich der geneigte Leser bitte vor seinem geistigen Auge die Wartezimmersituation mit dem Wasserspender, den Plastikbechern, dem Mülleimer und dem Mädchen mit ihrer Mutter und vielen anderen Patienten vor.

Hier nun die Geschichte:

Wartezimmer, gerade wenn es sich um Hausarztpraxen handelt, sind natürlich nicht auf Kinder eingerichtet, so dass es diesen in der Regel dort schnell langweilig wird. So auch unserer Protagonistin.

Irgendwann hat sie den Wasserspender entdeckt und da Wasser trinken immer noch besser ist, als langweilig auf Stühlen zu sitzen oder im Wartezimmer Auf und Ab zu laufen, zog sie sich einen Becher aus der Halterung des Wasserspenders, füllte sich Wasser ein und trank. Als der Becher leer war, warf sie ihn in den dafür bereit stehenden Mülleimer.

Fünf Minuten später stand sie wieder auf, ging zu dem Wasserspender, zog erneut einen Becher, befüllte diesen mit Wasser, trank und warf den Becher weg.

Weitere fünf Minuten später wiederholte sich der Vorgang erneut und so ging es in etwas unregelmäßigen Zeitabständen weiter.

Dann aber bekam auch die Mutter Durst und das Kind ging zum Wasserspender, zog einen Plastikbecher aus der Halterung, füllte den Becher für die Mutter mit Wasser, diese trank, gab den Becher dem Mädchen, die ihn ordnungsgemäß im Mülleimer entsorgte.

Jedoch reichte ein Becher Wasser nicht, um den Durst der Mutter zu löschen und so wiederholte sich auch dieser Vorgang mehrmals. Nach zwei Stunden war sicher die Blase sowohl von Mutter als auch Tochter gut gefüllt und ebenso der Mülleimer.

 

Niemand im Wartezimmer kam auf die Idee Mutter und Tochter darauf hinzuweisen, dass man einen Becher auch mehrmals hätte benutzen können – auch mein Mann nicht. Der war einfach nur fertig und betätigte sich als stiller Beobachter.

Wer mehr über Wassertrinker erfahren möchte, sollte sich

John Irving, Die wilde Geschichte vom Wassertrinker, Roman Diogenes, 12,90 Euro

zu Gemüte führen, auch wenn dort eine ganz andere Problematik beschrieben wird.

Ein Gedanke zu „Die Geschichte von der kleinen Wassertrinkerin

  1. ursa

    Ja, auch wenn diesmal ohne Müll-Fotos, eine entzückende liebenswerte kleine Geschichte! Hoffentlich hat der Praxisbesuch trotzdem zu des Gatten Besserung beigetragen! „Die wilde Geschichte vom Wassertrinker“ ist für demnächstiges Lesen vorgemerkt! Danke, Eva!

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