Erdbeerzeit

In Anbetracht der Tatsache, dass ich meine eigenen Erdbeeren noch nicht ernten kann

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und mich ein Sonderverkaufsaufsteller im Supermarkt heißhungrig auf die roten Früchte machte, habe ich eine Packung gekauft.

Angeboten wurden die Erdbeeren in einer Plastikschale ohne Ummantelung:

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Dann habe ich mir gesagt, dass ich eigentlich nur die Erdbeeren bezahlen möchte und nicht auch noch die Verpackung, schließlich kostete das Kilo Erdbeeren ja 7.48 Euro.

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Auf der Waage, an der ich meine Einkäufe selbständig wiegen und etikettieren muss, fehlt leider eine Tara-Taste. Also habe ich die Erdbeeren in eine dünne Plastiktüte gefüllt und nur die Plastikschale mit der Knisterfolie einer Gewichtskontrolle unterzogen.

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Das Ergebnis lautete: zwölf Gramm.

Wenn ich nun einen einfachen Dreisatz anwende, dann bedeutet dies, dass ich 0.08976 Euro für die Plastikschale bezahle. Der Preis für solche Behälter variiert natürlich nach dem Kilopreis des Lebensmittels.

Ich habe dann die Erdbeeren zusammen mit der dünnen Plastiktüte auf die Waage gestellt und mir gesagt, dass die zwei Gramm für die Plastiktüte, die ich ja nun auch mit wiegen musste, egal sind.

Da sich in meinem Fall der Kilopreis für eine dünne Plastiktüte natürlich auf 7.48 Euro belief, habe ich für eine Verpackung, die ich überhaupt nicht nutzen möchte, immerhin noch 0.01496 Euro bezahlt.

OK, ich gebe jedem Recht, der mich jetzt einen Korinthenkacker nennt, was sind schon 0.01496 Euro!?

In dem Laden stehen aber hunderte von solchen Schalen. Wenn alle Kunden die Erdbeeren mit der Plastikschale auf die Waage stellen, so kommt bei 1000 Artikeln eine Summe von 89.76 Euro zusammen, für ein Produkt, was einfach nur weg geworfen wird. Das gleiche gilt für die Plastiktüte: 1000 Kunden, die ihre Erdbeeren in eine dünne Plastiktüte umpacken, bescheren dem Laden oder dem Erzeuger der Erdbeeren noch 14.96 Euro.

In jedem Tante Emma Laden war es üblich die Verpackung extra zu wiegen, diese als Tara-Gewicht anzugeben und erst dann das entsprechende Lebensmittel zu wiegen, welches man dann ohne den Verpackungsmüll bezahlte.

Nun wäre es noch interessant zu wissen, wie viel der Supermarkt oder der Erzeuger für das Müllprodukt „Plastikschale mit Knisterfolie“ oder die „dünne Plastiktüte“ zahlt. Ich behaupte jetzt einmal, dass bei einem Kilopreis von 7.48 Euro die Gewinnspanne sicher sehr hoch liegt.

Zu Hause habe ich die Erdbeeren in eine Porzellanschale umgebettet und wie immer faule Erdbeeren aussortiert.

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Faule Erdbeeren sind eine Sache, faule Kompromisse an den Supermarkt-Waagen eine andere.

 

Nachtrag 15. Mai 2015 : Fast eine Richtigstellung

Die Bezahlung von Müll hat mir keine Ruhe gelassen und ich habe ein wenig im Internet recherchiert, dabei bin ich auf einen Artikel aus der Süddeutschen Zeitung von 2012 gestoßen, in dem es heißt, dass „‚In schöner Selbstverständlichkeit wird das Papier, das Schächtelchen oder das Schälchen befüllt, und dann erst gewogen‘, sagt Klaus Pankow von der Hessischen Eichdirektion.“

Dann fand ich noch ein Informationsblatt der Eichbehörden, in dem unter dem Stichwort „Rechtsgrundlagen“ darauf hin gewiesen wird, dass „uns immer wieder Verbraucherbeschwerden erreichen, dass besonders im Lebensmittelbereich beim Verkauf von loser Ware (Fleisch, Wurst, Käse, Feinkost) das Verpackungsmaterial (Papier, Tüten, Becher) mitgewogen und zum Grundpreis des Erzeugnisses berechnet wird. Diese Vorgehensweise ist unzulässig, denn der § 10 a Eichordnung1) bestimmt unmissverständlich: ‚Im geschäftlichen Verkehr mit losen Erzeugnissen dürfen Gewichtswerte, die der Preisermittlung zugrunde liegen, nur als Nettowerte angegeben werden.‘

Weiter heißt es in dem Informationsblatt, dass „in neuester Zeit häufig elektronische Waagen verwendet werden, bei denen die Gewichte verschiedener Verpackungsmaterialien (Papier, Tüten, Becher) bestimmten Produktgruppen in einem Speicher zugeordnet sind und bei der Wägung automatisch abgezogen werden, so dass auch hier nur der Nettowert für die Preisberechnung zugrunde gelegt wird.“

Also mache ich mich auf den Weg in meinen Supermarkt und fotografiere die Waage, auf der ich keine Tara-Taste finde. Bei meiner Fotosession werde ich von einem Verkäufer beobachtet, der mein Fotoshooting überhaupt nicht lustig findet und mich darüber aufklärt, dass ich eine Genehmigung brauche, um im Supermarkt zu fotografieren. Also kein Foto von der Waage hier!

Ich frage ihn, wieso ich den Müll, sprich die Plastikschale, bezahlen muss. Diesmal werde ich eines Besseren belehrt: die Supermarktkasse „verfügt über eine elektronische Waage, bei der die Gewichte bestimmter Produktgruppen in einem Speicher zugeordnet sind und bei der Wägung automatisch abgezogen werden“.

Die Erdbeerschale wird korrekt mit zwölf Gramm berechnet. Nur leider gab es heute Erdbeeren im Supermarkt zu kaufen, die nicht nur in der besagten Plastikschale mit Knisterfolie angeboten wurden, sondern zusätzlich mit einem Rezeptkärtchen garniert waren.

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Der freundliche Verkäufer und ich leeren die Erdbeeren in eine Plastiktüte, deren Gewicht richtig mit 2 Gramm angegeben wird und stellen die Plastikschale mit Knisterfolie und Rezeptkarte auf die Waage und siehe da, gemeinsam wiegen diese drei Müllartefakte 18 (achtzehn) Gramm. Dies bedeutet, dass mich der Supermarkt um 6 Gramm betrügt. Der Verkäufer versprach mir, dies umgehend zu ändern. Nun bin ich gespannt, ob die Rezeptkarten aus den Schalen genommen werden oder das Tara-Gewicht für die Erdbeeren geändert wird.

Dann habe ich noch Wurst gekauft, weshalb ich gespannt war, wie mit dem Einwickel-Papier umgegangen wird. Das Gewicht für das Papier ist in der Waage anscheinend standardmäßig mit vier Gramm eingegeben, was auch den Tatsachen entspricht und oh Wunder, auf dem Etikett ist sogar dieses Tara-Gewicht angegeben, im Gegensatz zu dem Etikett, welches von den Obst- und Gemüsewaagen ausgespuckt wird.

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Das Gewicht für die Verpackung ist hier als „PT“ angegeben, ich weiß nicht, ob diese Bezeichnung für PlastikTüte oder „PackungsTara“ steht, aber das ist ja auch egal. Schade nur, dass die Etiketten so uneinheitlich sind und ich als Verbraucherin verwirrt werde.

3 Gedanken zu „Erdbeerzeit

  1. Dagmar

    Liebe Eva,
    dieses Thema hat mich auch schon umgetrieben. Aus meinen Zeiten als Marktverkäuferin weiß ich noch, daß der kleine 125 g Plastikbecher 5 g wiegt und der Deckel dazu nochmal 2 g. Wir hatten eine Tara-Taste an der Waage und haben den Deckel erst nach dem Wiegen benutzt. Wenn ich jetzt auf dem Markt einkaufe sehe ich, daß immer schön der Deckel mitgewogen wird, d.h. dann nutzt auch keine Tara-Taste mehr etwas. Wie es mit dem Becher gehalten wird? Keine Ahnung. Schön das wir Verbraucher den Plastikmüll so gleich dreimal bezahlen: 1x grüner Punkt, 1x als Bestandteil der Ware, 1x für die Entsorgung.

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  2. ursa

    Ja, und ich habe heute, nachdem ich Deine „Erdbeerzeit“ gelesen hatte, darauf verzichtet verpackte Erdbeeren zu kaufen. Ich warte bis die in meinem Garten gereift sind und unverpackt verzehrt werden können. Übrigens sehen die in Deinem Garten – noch blühend – ziemlich vielversprechend aus. Rette sie vor den Schnecken!

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