Diese Frage stellte der Journalist Kajo Reutlinger in seinem 1997 erschienen Buch … und trotzdem leben wir.
Reutlinger schreibt, dass sich 1946 nur wenige Berliner als Besitzer eines Schrebergartens glücklich schätzen konnten. In diesem ersten kriegsfreien Jahr wurden Balkonplantagen angelegt, in der die Tomate gegen den Tabak zu konkurrieren hatte, da die Männer es leid waren, deutsche Teesorten zu rauchen.
Egal ob Tabak oder Tomate, die Pflanzen brauchten Dünger und so heißt es, dass auf dem Gehsteig zwei Berliner Bengels mit Kreide eine Autorennbahn aufgezeichnet haben. … Da fährt ein mit zwei Pferden bespannter Möbelwagen vorüber, und die Pferde lassen etwas fallen. Der Berliner sagte ja schon immer: <Der Appel fällt nicht weit vons Pferd>. Die Jungen vergessen augenblicklich ihr Spiel, laufen ins Haus, kommen zurück, bewaffnet mit Eimern und Schaufeln, und ein Wettlauf um den Asphaltdung entbrennt. Triumphierend zieht der Sieger mit seiner Beute ins Haus, und der kleine Verlierer sagt traurig: <Mensch, der hat’s jrade nötich, wo die schon abjeerntet und jetzt Petunien in die Kästen haben.>
Herr Reutlinger berichtet dann noch über einen Dachgarten, den der Elektromeister Heinz Höing auf dem Dach der Niederwallstraße 35/36 eingerichtet hat. Über dreißig Tomatenpflanzen säumen den Rand des Daches. … In großen Kisten gedeihen kräftige Tabakpflanzen neben Porree. Sogar eine Kürbispflanze schlängelt sich an der Brandmauer entlang. Das Prunkstück des Dachgartens, eine Laube mit Rundfunkanschluß und elektrischer Beleuchtung wird von grünen Bohnen umrankt.
Frau Höing wusste dem Reporter dann auch zu berichten, warum auf ihrem Dachgarten das Gemüse so üppig gedieh: Ihr Mann fuhr jeden Tag mit dem Fahrrad und drei Eimern zum Kuhstall in der Bergmannstraße und holte dort Rindermist.
Heute, 65 Jahre und zwei Monate nach der vielleicht ersten Dachfarm in Berlins Mitte, war in den Medien zu lesen, dass am Südkreuz die größte Dachfarm der Welt geplant werde. Und wer wissen will, wie das Biogemüse dort gedüngt werden soll, der klicke einmal auf diese Nachricht.