Mein erstes Auto war ein VW-Käfer Baujahr 1961. Er hatte 6 Volt, 34 PS, fuhr nicht schneller als 115 km/h, hatte ein großes Schiebedach, die Farbe hieß „Perlweiß L 87“ und den Schalter für das Fernlicht fand ich nach langem Suchen links neben dem Kupplungspedal: es war ein Fußschalter.
Der Käfer war ein Minimalist. Am Lenkrad gab es eine Hupe, einen Scheibenwischerhebel und irgendwo am Armaturenbrett befand sich auch noch ein Knopf zum Ziehen, um das Licht einzuschalten. Achja, irgendwo gab es da auch noch einen Regler für die Heizung, aber diese hat bei VW irgendwie selbst Jahre später nie richtig funktioniert. Ich erinnere mich an eine Dänemarkreise im Winter. Es war wirklich scheußlich kalt. Auf der Rückreise in der Nacht auf der Transitstrecke durch die DDR gefroren die Scheiben von innen, die Cola war ein einziger Eisblock und wir saßen zu dritt vollkommen vermummt im Auto. Da hat es auch nicht geholfen, Eisfrei von innen auf die Scheiben zu sprühen, diese blieben einfach vereist.
Seit gestern in aller Munde:
Das Google-Auto – Das Unterhaltungsauto!
Foto: Google
Bei Heise.de finde ich folgende Nachricht über das neue Auto:
„Mit einer neuen Plattform für Informationen und Unterhaltung will Intel das Auto der Zukunft vorantreiben. … Kern des Systems ist ein im Kofferraum platzierter Computer. Mehrere Bildschirme können unterschiedliche Inhalte darstellen wie Navi-Informationen für den Fahrer, einen Internet-Zugang für den Beifahrer und Videos für weitere Insassen. Herz des Computers ist ein eingebetteter Atom-Prozessor von Intel (Codename Baytrail) mit bis zu vier Kernen, der für Temperaturen von minus 50 bis plus 60 Grad Celsius ausgelegt ist. Fahrer und Beifahrer können auf einen Monitor in der Mitte der Fahrzeugkonsole blicken, dessen Dual-View-Technik je nach Blickwinkel unterschiedliche Inhalte anzeigt.“
Na wunderbar, ich werde beim Auto fahren von vorne bis hinten bespaßt, muss nicht mehr auf den Verkehr achten, kann so viel ich will telefonieren, ohne dass es Punkte in Flensburg gibt und die Scheiben werden bei diesem Auto garantiert auch nicht von innen einfrieren, es sei denn, die Bordcomputer fallen alle aus. Aber dann sind vereiste Scheiben auch kein Problem mehr, denn so ein Auto wird dann überhaupt nicht mehr laufen, natürlich fahren.
Viel interessanter ist aber folgende Information in dem Artikel:
„Intel erwartet, dass die digitale Technik fürs Auto bald in ähnlich kurzen Zyklen voranschreitet wie beim Smartphone mit seinen Systemwechseln alle ein bis zwei Jahre.“
Wer das Blog bisher verfolgt hat, kennt ja schon den Begriff der „geplanten Obsoleszenz“, also die geplante Veralterung von Gegenständen.
Die „geplante Obsoleszenz“ begann in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts mit der Glühbirne – die gibt es ja nun auch nicht mehr.
Adolphe Chaillet erfand und produzierte am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert Glühbirnen, die unverwüstlich waren. Noch heute brennt so eine „100-jährige Glühbirne“ aus der Produktion von Chaillet in Kalifornien.
Glühbirnen könnten ein unverwüstliches Ding sein, wäre da nicht der Verkauf der Firma von Adolphe Chaillet an General Electric gewesen. Diese Firma hatte überhaupt kein Interesse an langlebigen Glühbirnen, sie wollte Geld verdienen: Aus der unsterblichen Glühbirne wurde eine sterbliche.
In längst vergangenen Zeiten versuchte Gilgamesch die Unsterblichkeit zu erlangen und im Mittelalter malte Lucas Cranach der Ältere den „Jungbrunnen“.
Es gibt noch viele Beispiele in der Geschichte, die den Wunsch der Menschen nach Unsterblichkeit belegen.
Nun frage ich mich, was ist aus diesem Wunsch der Unsterblichkeit geworden?
Unsere Alltagsgegenstände unterliegen einem immer kürzeren Veralterungsinterval. Wenn unser Handy ein Jahr alt ist, dann ist es gefühlt schon vollkommen überaltert, sozusagen ein Relikt aus der Steinzeit und der Wunsch nach einem neuen Handy wird immer größer.
Aus der geplanten Obsoleszenz ist eine mentale Obsoleszenz geworden, was heißt, dass der Veralterungsprozeß unserer Dinge nicht mehr von den Produktherstellern gesteuert werden muss, sondern dass wir die geplante Obsoleszenz verinnerlicht haben. Gierig warten Heerscharen von Elektronikfreunden auf das neueste Feature der Hersteller und sofort ist der noch gebrauchsfähige Gegenstand obsolet.
Wenn nun zu den Millionen Tonnen Elektroschrott, die jetzt schon jährlich produziert werden, auch noch jährlich Millionen von so genannten smarten Autos kommen, dann bedeutet dies noch mehr Müll, obwohl bis dato noch nicht geklärt ist, wie die vielen Batterien der Elektroautos recycelt werden können.
Mein Käfer ist über 30 Jahre alt geworden und warum ich ihn abgeben musste, ist eine andere Geschichte. Auf alle Fälle aber: er lief und lief und lief und …
Das betrifft inzwischen nicht nur tote Materie, also Dinge, sondern auch lebende, z.B. Menschen. „Kollateralschäden“ werden billigend in Kauf genommen und von Teenies kannste hören:“Der ist zu alt, der muss weg!.“ Welchen Schock brauchen die Menschlein noch um aufzuwachen?
Ich mache das nicht mit! Da hilft doch nur Konsumverweigern! Oder?
Mein erstes Auto war übrigens noch älter: ein Skoda MB 1000 Baujahr 1959, erworben 1984! Leider benahm er sich nicht so vorbildlich wie Dein Käfer, aber das lag sicherlich nicht nur an ihm, sondern an der Fahrerin!