Verbaler Müll

Jedesmal, wenn ich irgendwo lese oder höre, dass wieder ein Trojaner unsere virtuelle Welt angreift, rege ich mich über die Verwendung des Wortes „Trojaner“ auf.

Besonders schlimm finde ich es, dass alle großen Tageszeitungen unserer Republik diesen eindeutig falschen Ausdruck ganz selbstverständlich benutzen, als hätten sie noch nie etwas vom Trojanischen Krieg gehört.

Hier mal eine Kurzfassung:

Paris, Königssohn aus Troja, raubt Helena, die Ehefrau des Menelaos, der König von Sparta war. Diese Schmach konnte Menelaos natürlich nicht auf sich sitzen lassen und rief seinen Bruder Agamemnon und weitere griechische Stämme um Hilfe. Zehn Jahre wird Troja belagert, aber die Stadt ist nicht einzunehmen. Man verfällt auf eine List und baute ein großes Pferd, in dem viele Soldaten Platz hatten und schenkte es den Bewohnern von Troja, den TROJANERN. Diese, obwohl sie vor dem Pferd gewarnt worden waren, holten es doch (aus reiner Gier?) in ihre Stadt. Der Rest ist Geschichte: Troja wurde zerstört.

Wenn ich nun versuche, die Einwohner von Troja mit den „Trojaner“ im heutigen Sprachgebrauch in Verbindung zu bringen, dann habe ich Schwierigkeiten:

Das Pferd ist mit einer Mail, einer Software oder ähnlichem gleichzusetzen, in der irgendwelche Programme versteckt werden, die meinen Computer schädigen. Diese, in den Mails oder sonstwo versteckten Programme, werden Trojaner genannt.

Im eigentlich Sinne bin aber ich der Trojaner, denn die krankheitauslösenden Programme dringen in mein Reich (Computer) ein; ergo: die meine virtuelle Welt schädigenden Programme  müssen als GRIECHEN und nicht als Trojaner bezeichnet werden. OK, das ist wohl im Augenblick politisch nicht so korrekt. Vielleicht könnte man sich ja auch auf SPARTANER einigen.

Es sind Trojanische Pferde, die durch das Internet galoppieren und nicht die Trojaner!

SPARTANER gibt es viele in unserem Alltag. Hier zur Erklärung des oben dargestellten Sachverhaltes noch eines meiner Lieblingsbeispiele. Obwohl mein Briefkasten mit einem „Bitte keine Werbung“ Hinweis verziert ist, bekomme ich doch immer wieder dank Trojanischer Pferde die unerwünschte Reklame.

Das ist eine Zeitung oder ein TROJANISCHES PFERD

In diesem TROJANISCHEN PFERD versteckt sich Werbung, auch SPARTANER genannt, weil sie von außen nicht erkennbar ist.

In diesem Fall wiegen die Spartaner 110 g.  Da denkt doch jeder, das ist ja nicht viel. Hat aber das Trojanische Pferd eine Auflage von vielleicht 120.000 Exemplaren, dann sind dies allein schon

13.200.ooo Gramm oder 13.200 Kilogramm oder 13 Tonnen!

Und ich bin der TROJANER, der zusehen kann, wie er das „Geschenk“ wieder los wird.

Vielleicht werde ich aber auch irgendwann im Papiermüll ersticken und untergehen wie Troja.

Da ist es dann schon besser sich auf Vergil zu besinnen:

… equo ne credite, Teucri. Quidquid id est, timeo Danaos et dona ferentes.

Und auf Deutsch liest es sich so: Traut nicht dem Pferd, Trojaner! Was es auch ist, ich fürchte die Danaer, selbst wenn sie Geschenke bringen.

4 Kommentare zu “Verbaler Müll”

  1. janne schrieb:

    Feb 05, 12 at 12:28

    Genau dafür lieb‘ ich Dich…Ich hatte die gleichen Gedanken, habe sie aber nicht weiter verfolgt….
    Vielen Dank,
    einen schönen Sonntag und eine schicke Woche,
    Janne

  2. Silvia Casertano schrieb:

    Feb 06, 12 at 14:37

    Danke Eva, du hast mich an meine Schulstunden erinnert, als wir von Achilles und Ulysses träumen durften 🙂

  3. Eva Becker schrieb:

    Feb 08, 12 at 11:02

    Per Mail bekam ich die Anfrage, ob ich wisse, seit wann das Wort „Trojaner“ im Sinne von „Trojanisches Pferd“ verwendet wird.
    Ich habe dann mal im SPIEGEL-Archiv gegraben und folgendes gefunden.

    Der 1. Eintrag zum Thema Computer-Viren findet sich in der Ausgabe 36/1992 mit dem Titel „Trojanisches Pferd“ . Dort ist noch nicht von den TROJANERN die Rede.

    Dann kommt lange nichts.

    Erst in der Ausgabe 20/2000 folgt laut Archiv diesmal ein ganzer Titel zu dem Thema: „Die Killer@-Bombe : Killerviren attackieren die Computer-Welt„. In diesem Titelthema wird ständig zwischen den Begriffen „Trojanisches Pferd“ und „Trojaner“ gewechselt.

    Gefunden habe ich dann noch, dass das erste Trojanische Pferd 1975 unter dem Namen „Pervading Animal“ durch das ARPANET als Spiel galoppierte. Das erste Virus, das erste Trojanische Pferd, das weltweit bekannt wurde, ist der Michelangelo-Virus aus dem Jahr 1991.

    Mit diesem Kommentar habe mich zum ersten Mal als „Web-Archäologin“ versucht. Muss aber gestehen, dass die Methode für diese Art von Feldforschung noch nicht ausgereift ist. Ich werde am Ball bleiben.

  4. Matthias schrieb:

    Feb 08, 12 at 14:46

    Gratulation, gute Recherche! Interessant, wie aus einem Pferd im Lauf der Zeit viele Trojaner werden…


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