Potsdam – Ein Vorbild für Berlin?

In der letzten Woche erzählte mir ein guter Freund, ich werde ihn hier Oskar nennen, von seiner „Müll-Korrespondenz“ mit der Stadt Potsdam und dem daraus resultierenden Ergebnis.

Am 12. Juni 2012 schrieb Oskar an den Oberbürgermeister von Potsdam:

Sehr geehrter Herr Jakobs,

das beigefügte Bild vom Abend des 30. April 2012 wurde auf der Uferwegstrecke („europäischer Fernradweg“) zwischen Schafgraben und Kastanienallee aufgenommen. So sah es am Vormittag Sonnabend, 28. April, auch schon aus.

Da versuchte ich das Ordnungsamt der Stadtverwaltung telefonisch zu informieren, konnte aber nach vielen Fehlversuchen nur eine Dame der AG Außendienst erreichen. Sie sagte mir, sie werde jemand hinschicken, den Zustand zu fotografieren!!!! Eine Superidee.

Ich wies sie darauf hin, dass das Wochenende bevorsteht und danach noch der 1. Mai; so könne es doch wohl nicht bleiben. Aber es blieb so (siehe Foto).

Ich schätze jedenfalls, dass ca. 10.000+ Rad- und Fußwanderer von Sonnabend-Vormittag bis Montag-Abend diesen Anblick der Abfallbehälter und Umgebung hatten und nun wohl auch noch weiter bis Mittwoch (?), die vielleicht auch etwas von dem Anspruchs Potsdam als Weltkulturerbe-Stadt bzw. generell Kulturstadt gehört haben.

Ich muss solchen Zustand nicht erst ansprechen. Ich habe bereits mehrfach telefonisch Ähnliches an das Ordnungsamt mitteilen müssen, auch noch für den Bereich von Schafgraben bis zur Fähre Hermannswerde. Die ganze Strecke von Kastanienallee bis Fähre scheint für die Beräuung der Abfallbehälter durch das städtisch beauftragte Unternehmen ein besonders kritischer Bereich zu sein.

Ich weiß das, weil ich in der XXX-Straße wohne. Am anderen Ende, an der Kastanienallee, wohnt aber jetzt Herr Stolpe, und in den neuen Wohnhäusern, die aus dem alten Heizwerk hervorgegangen sind, wohnen jetzt die ersten „reichen Leute“ hier in der Gegend. Was mögen die wohl so denken?

Mit freundlichem Gruß

Oskar

Die Antwort des Oberbürgermeisters, natürlich nicht selbst von ihm verfasst, erreichte Oskar am 18. Juni 2012

Sehr geehrter Herr Oskar,

Ihre E-Mail ist am 12.06.2013 im Büro des Oberbürgermeisters eingegangen.

Die Beantwortung Ihres Schreibens wird durch den zuständigen Geschäftsbereich, vertreten durch der Beigeordneten Frau Müller-Schmidt (Name geändert!) erfolgen.

Bitte haben Sie Verständnis, wenn die Prüfung Ihres Anliegens etwas Zeit in Anspruch nimmt.

Sollten Sie Fragen zum Bearbeitungsstand haben, können Sie sich gern an das Sekretariat des Bereiches unter der Telefonnummer 0331/XXX-XXX wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

NN

Wie zu erwarten, geschah überhaupt nichts, der Uferweg vermüllte weiterhin, was Oskar zum Anlass nahm, erneut am 12. Juni, nun aber 2013, ein erneutes Schreiben an den Oberbürgermeister zu richten. Um dem Müllproblem Herr zu werden, unterließ er es diesmal nicht, dem Oberbürgermeister einen Vorschlag zu machen, wie man das Übel an der Wurzel packen könne.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister der Kulturstadt Potsdam,

Ich benutze gleich den Text vom Vorjahr, denn seitdem hat sich der Zustand der Müllbeseitigung an der der angegebenen Stelle – in der Nähe der Wassertaxi-Anlegestelle – nicht geändert. So nicht seit Beginn der diesjährigen jahreszeitlich üblichen Rad-/Fußwegbenutzung, gerade auch über Pfingsten etc. pp.

Am besten wäre wohl, die zwei Müllbehälter ganz wegzunehmen, damit die Bürger gar nicht erst auf die Idee kommen, ihre Abfälle zu hinterlassen (so ist es ja jetzt im Park Sanssouci, wo es so wenige Müllbehälter gibt, dass die auf Sauberkeit bedachten Parkbesucher ihren Dreck doch mit sich nach draußen nehmen).

Mit Gruß

Oskar

Um es kurz zu machen: Die Müllbehälter an der beschriebenen Stelle wurden abmontiert!

Dies wäre vielleicht auch eine Idee für den Uferweg an der Spree zwischen Schloß Bellevue und Hauptbahnhof.

Ich denke, dass wir mehr engagierte Bürger brauchen, die den Amtsschimmel auf Trab bringen. Oskars Briefe und sein ironisch gemeinter Vorschlag, die Müllbehälter doch einfach zu entfernen, was mich ein wenig an den braven Soldaten Schwejk erinnert, wird zur Karikatur der Potsdamer Stadtverwaltung.

Potsdam, ein Vorbild für Berlin?

2 Kommentare zu “Potsdam – Ein Vorbild für Berlin?”

  1. Stefan schrieb:

    Sep 03, 13 at 09:27

    Man muss das dialektisch sehen: eine funktionierende Stadtverwaltung wäre der Untergang jeglicher Müll-Archäologie.
    Gruß,
    Stefan

  2. Willux schrieb:

    Sep 03, 13 at 12:37

    Felix Austria erkannte zu erst: Viele Müllbehälter – viel Müll! Also: Kein Behälter – kein Müll! Jeder nimmt seinen Müll wieder mit – Verursacherprinzip. Wer jetzt müllt, begeht zumindest eine Ordnungswidrigkeit – oder er hat als VIP einen steuerfinanzierten Dienstwagen oder Bodyguard – oder er kann es als Kunst, als land arts vermarkten.
    Ja, so spart die Kommune das Geld für diese Arbeiten – aber nein, keine Steuersenkung oder Rückgabe an den Bürger! Schließlich ist öffentliche Vergeudung kein Straftatbestand oder dergl. Das „gesparte“ Geld wird mit dem aus den Unterfinanzierungen von Schulen, Unis, Infrastruktur usw. kapitalisierte „Geldern“ ausgegeben für richtige Müll-(Archäologie-)Arbeit.
    Sogar Viel-harmonisch: „BER!“ – „Bin Eure Ruine!“ – oder „Bin Euer Ruin!“?
    Seid dankbar und verbreitet das Märchen von der Notwendigkeit von Steuererhöhungen!
    Euer
    Willux


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