In Schale schmeißen

sich in der nächsten Zeit sicher viele Berlinale Besucher, aber auch ganze Heerscharen von Obst, Gemüse, Fertiggerichten, Salaten … schmeißen sich täglich in Schale.

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Schalen haben im Gebrauch der Menschheit eine lange Tradition und auf fast allen Siedlungsgrabungen kann man ihre Reste finden.

Besonders schön anzusehen sind rot- oder schwarzfigurige Schalen aus Griechenland, deren äußeres Dekor ganze Mythen erzählen kann oder deren Figuren uns heutigen Betrachtern einiges über die Bekleidungssitten erzählt.

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Quelle: Antikensammlung Berlin F 2278

Omphalosschalen – das sind Schalen, in deren Inneren sich mittig ein kleiner Knubbel befindet, der diesen Schalen den Namen „Nabel-Schale“ verlieh – dienten den Altvorderen als Trankopfergefäß.

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Quelle: Antikensammlung Berlin Indent. Nr. Misc.10539

Schalen in der Vergangenheit wurden entweder aus Keramik oder Metall hergestellt, so dass die Klassische Archäologie sich kaum vor Artefakten retten kann.

Auch Flora und Fauna kennen nicht nur die Eier-, Bananen- oder Apfelschale, sondern auch die harte Nussschale, die in den Märchen von Allerleirauh und dem Däumelinchen eine nicht unwichtige Rolle spielt, oder die Schalentiere. Wenn man das Glück hat, wie ich es einst hatte, dann kann man eine ganze Grube nur mit Muschelschalen ausgraben.

In Schale schmeißen 2

Soweit der kleine Ausflug in die Vergangenheit und den Überresten von Schalen. Nun stellt sich müll-archäologisch natürlich die Frage, was für Schalen die heutige Kultur der Nachwelt hinterlassen wird.

In erster Linie werden dies wohl Plastikschalen sein, die, sollten sie weder der thermischen Verwertung noch dem Recyclingprozess zu geführt werden, sicher viele hundert Jahre, wie ihre keramischen und metallenen Vorgänger, der Nachwelt erhalten bleiben.

Abgesehen von irgendwelchen Etiketten, auf denen das Mindesthaltbarkeitsdatum, der Preis und vor allem die Marke bzw. der Name des Herstellers aufgedruckt ist, werden auf den heutigen Schalen leider keine Geschichten erzählt.

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Dabei ließe sich doch wunderschön die Geschichte von den vielen verschiedenen Verordnungen zur Durchführung der Vorschriften des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechts auf den Schalen darstellen, so zum Beispiel die vom 8. August 2007:

„Lebensmittel dürfen nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, dass sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung nicht ausgesetzt sind. … .“ Quelle

Zukünftige Archäologen würden dann auch sogleich auf den Zweck dieser Schalen schließen können, denn leider verkümmerte die Schale zum reinen Zweckobjekt: als reine Einmal-Verpackung dient sie der Lebensmittelindustrie dazu, alles in Schale zu packen, obwohl viele Lebensmittel ihre eigene Schale mitbringen, die letztlich viel schicker ist als die industriell hergestellten Uniformen.

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Immer unter der Voraussetzung, dass die vielen Schalen nicht der thermischen Verwertung zugeführt werden, werden zukünftige Archäologen auch auf das Essverhalten der Kultur im 21. Jahrhundert in Deutschland schließen können.

Sie werden an den Schalen ablesen können, dass sich die Menschen im Laufe von 50 Jahren von der individuellen Mahlzeitenherstellung verabschiedet haben und sich so genannten Fertiggerichten in Supermärkten zuwandten. Diese Mahlzeiten sind wohl portioniert, die Herstellung bereitet keinen Aufwand mehr, wie zum Beispiel Gurken, Kartoffeln oder Äpfel schälen, auch das lästige Gemüse putzen entfällt und nicht nur dies entfällt, auch der daraus resultierende Müll verringert sich deutlich.

Was war geschehen, werden sich die Archäologen fragen. Haben die Menschen das Wissen um die Nahrungszubereitung verloren? Welchem Stressfaktor waren die Menschen ausgesetzt, dass die Nahrungszubereitung verloren ging? War es nur eine Modeerscheinung?<

Auch wird die Frage nach der Importware gestellt werden müssen, da alle diese Schalen sehr einheitlich sind. Man findet sie rund um den Globus, womit die Archäologen beim Thema Globalisierung und der Europalette angekommen wären.

Man sieht, wirft man viele Aspekte über die Schale in die Waagschale, dann kann man sehr viel über unser heutiges Verhalten lernen.

ACHTUNG Schale nicht zum Verzehr geeignet

ACHTUNG
Schale nicht zum Verzehr geeignet

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